Hintergrund des eintägigen Workshops in Hamburg war der Wunsch von MERA, den eigenen Entwurfsprozess für lebendige Freiräume mittels einer MERA-spezifischen Mustersprache zu systematisieren. Übergeordnetes Ziel: Die permanente Optimierung des MERA-Entwurfsprozesses. Auf das Konzept der Mustersprache nach Christopher Alexander[1] war MERA schon vor einiger Zeit aufmerksam geworden, weil es die Flexibilität eines kreativen Entwurfsprozesses mit der Systematik wiederkehrender Lösungsansätze vereinen kann. Beides unterstützt Landschaftsarchitekt*innen darin, gute und lebendige Freiräume in sich ähnelnden Aufgabenstellungen zu schaffen. Neben ersten Überlegungen zu einer eigenen Mustersprache existierte zum Zeitpunkt des Workshops bei MERA bereits eine aus zahlreichen Entwurfsprozessen abgeleitete Checkliste. Diese stellt sicher, dass alle wesentlichen Fragen gestellt werden, um eine hohe Entwurfsqualität zu garantieren. Text: Gastbeitrag von Roland Ronja Wehking.
Herausforderungen der Musteridentifikation
Nach der tiefergehenden Beschäftigung mit dem Konzept der Mustersprache, dem genauen Aufbau und der Analyse einiger Beispiele kamen im Rahmen der gemeinsamen Arbeit einige grundlegende Fragen auf: Beispielsweise erwies es sich alles andere als einfach, aus vorhandenen Entwürfen eigene Muster abzuleiten, denn, was macht eigentlich ein wirklich gutes Muster aus? Welche Elemente eines guten Lösungsansatzes lassen sich verallgemeinern, welche sind dem individuellen Entwurf geschuldet?
Bereits eine treffende Problembeschreibung kann eine echte Herausforderung darstellen: Wie etwa kann man eine Problembeschreibung (die es im Kontext der landschaftsarchitektonischen Planung im Rahmen des Entwurfes dann zu lösen gilt) verallgemeinern und diese Verallgemeinerung gleichzeitig vom spezifischen Kontext eines beobachteten Musters trennen? Hier ergeben sich nämlich in der Landschaftsarchitektur schnell Überlagerungen zu angrenzenden Fragestellungen, die für sich genommen wieder Muster darstellen würden. Deutlich wurde dies beim Versuch, ein sehr allgemeines Muster für den Umgang mit der Topografie eines Geländes zu definieren: Wie spezifisch und eingegrenzt sollte die Problembeschreibung bezogen auf verschiedene topografische Kontexte sein oder wie allgemeingültig könnte sie werden? Oder benötigt man dafür doch eine Reihe miteinander verbundener Muster? Zu guter Letzt drängte sich beim Versuchs-Entwurf mit einem erarbeiteten Beispiel noch die Frage auf, wie man ein Muster, das aus vorliegenden Arbeiten abgeleitet wurde, überhaupt auf Praxistauglichkeit prüfen kann.
Erkenntnisse des gemeinsamen Workshops
Zwischenzeitlich hatte sich aus der Diskussion über Muster zu einem Stadtplatz eine wilde und begeisterte Entwurfssession entwickelt. Hierbei war deutlich geworden, wie schwierig es eigentlich ist, Muster von Entwurfsideen abzutrennen. An anderer Stelle verließen wir den landschaftsarchitektonischen Kontext und fanden uns mitten im Markenentwicklungsprozess der Organisation MERA wieder. Auch wenn sich all diese komplexen Fragestellungen innerhalb eines einzigen Workshoptages selbstverständlich nicht abschließend beantworten lassen, so haben sie doch das Team in der Erkenntnis bestärkt, dass es sich lohnt, sich auch zukünftig weitergehenden Überlegungen, Experimenten und Diskussionen zu stellen.
Der Blick auf die umfangreiche MERA-Design-Checkliste am Ende dieses produktiven Tages final für mehr Übersichtlichkeit in den Erkenntnissen und in der Wahrnehmung der Fragestellung: Es wurde deutlich, dass die Checkliste eine gute Grundlage darstellt, um das Wertesystem von MERA bzw. die meraspezifische Entwurfsphilosphie in die Mustersprache zu integrieren. Wir identifizierten diesen eigenen Ansatz als wertvolle Sammlung übergreifender, verallgemeinerbarer Muster, um daraus wiederum einen guten Einstieg in den Entwurf zu bekommen und entsprechende Muster detailliert abzuleiten bzw. weiter zu entwickeln.
Als zentrale Erkenntnis dieses Tages bleibt: Ein guter Entwurf folgt immer einer starken Entwurfsidee. Diese bildet den roten Faden. Erst sie sorgt dafür, dass sich die Lösungen aus den Mustern – so vielfältig sie notwendigerweise sind – zu einem in sich stimmigen Gesamtbild zusammenfügen. Lebendigkeit entsteht nicht durch Beliebigkeit. Sie entsteht aus gestalterischer Sicht aus dem Zusammenspiel einer starken Idee mit vielfältigen, an den jeweiligen Kontext angepassten Lösungen für Entwurfsaufgaben – die wir hier Muster nennen.
Es warten spannende Aufgaben
»Was ist also als nächstes zu tun?« ist immer die wesentliche Frage am Ende eines Workshoptages, der nicht nur als schönes Erlebnis abseits des Büroalltags in Erinnerung bleiben soll.
Die bereits vorhandene Checkliste als Basis eines jeden Entwurfsprozesses bei MERA bietet bereits eine gute Planungsgrundlage. Es bleibt nun aber die mühsame und anspruchsvolle, aber lohnende Aufgabe, gute Entwürfe (durchaus eigene wie fremde) auf wiederkehrende Muster zu durchforsten. Und dabei aus einer individuellen Lösung eine übergreifende Frage abzuleiten.
Grundlegend bleibt zu klären, wie ein Entwurfsprozess aussehen kann, der einerseits all die guten Grundlagen von MERA strukturiert berücksichtigt und gleichzeitig dem kreativen Prozess eines guten Entwurfes seinen zentralen Raum gibt.
Roland Ronja Wehking ist Mitinhaber des Instituts für Partizipatives Gestalten. Er hat sich intensiv mit dem Werk von Christopher Alexander und der Mustersprache als Entwurfsansatz auseinandergesetzt. Als ausgebildeter Informationsdesigner besitzt er eine Passion für detailliertes Beobachten. Gemeinsam mit seinen exzellenten Kompetenzen im Bereich Kommunikation, Gestaltung und Kollaboration ist er für MERA der ideale Sparringspartner auf dem Weg zum originären MERA-Entwurfsansatz.
[1] Christopher Alexander baute sein System einer Sprache aus Gestaltungsmustern auf der Annahme auf, dass die Lösung für eine wiederkehrende Problembeschreibung durch eine Herangehensweise beschrieben werden kann. Diese führt in Abhängigkeit des spezifischen Kontextes der Entwurfsaufgabe und der Verbindung zu anderen Problembeschreibungen zu einer Lösung, die ein lebendiges und einzigartiges Ergebnis ermöglicht. Weitere Erläuterung auf Wikipedia hier.